Ausstellungen

I–in/finito
Katinka Bock, Bernhard Cella, Jiří Valoch

19.11.2021—20.2.2022
Die Ausstellung I – in/finito präsentiert mit Arbeiten von Katinka Bock, Bernhard Cella und Jiří Valoch künstlerische Positionen aus verschiedenen Generationen und Ländern, die in ihrem Werk über einen Raumbegriff jenseits rein euklidischer, geometrischer Aspekte reflektieren. Denn Raumwahrnehmung konstituiert sich im Werk dieser drei KünstlerInnen vor allem durch Phänomene wie historische Einschreibung, Handlung, soziale Teilhabe und Interaktion. Dabei kommt der Sprache im jeweiligen Schaffen ein besonderer Stellenwert zu. Nicht nur als Kommunikationsmittel wird sie verstanden, sondern als wesentliches raumbildendes Element, das in einem frei assoziativen Spiel über einen Raumbegriff nachdenken lässt, der sich quer zur sichtbaren Realität entwickelt. 

Die KünstlerInnen wurden eingeladen, sich in direkter Auseinandersetzung mit dem Ausstellungsraum auf ein gemeinsames, experimentelles Vexierspiel einzulassen. In der Ausstellung verzahnen sich die Arbeiten zum poetischen Dialog, der ein Nachdenken über existentielle Fragen des Ich im Verhältnis zur (Un)endlichkeit des erlebten Raumes evoziert. 

Die in Paris ansässige deutsche Künstlerin Katinka Bock (*1976) setzt sich in ihren Skulpturen und Installationen mit Materialität und Prozessualität im Kontext von Geschichte und Architektur auseinander. Die „sprechende“ Qualität ihres bildhauerischen Werks erschließt sich über den signifikanten Umgang mit Material und die präzise Setzung der Arbeiten im Raum sowie über deren Titel. Eigens für diese Ausstellung hat sie eine Installation aus zwei Heizkörpern geschaffen, die durch ein quer durch alle Erdgeschossräume stoßendes Wasserrohr verbunden sind. Neben weiteren raumgreifenden bildhauerischen Arbeiten werden auch Fotografien und ein Film der Künstlerin gezeigt.

Der in Brünn lebende tschechische Avantgardekünstler Jiří Valoch (*1946) untersucht in seinen optischen, mechanischen und rhythmischen Gedichten, seinen Typogrammen, Fotogrammen sowie Wandarbeiten die Wechselwirkung von Raum und Sprache. In der Ausstellung sind prägnante Beispiele aus seinem umfangreichen Œuvre zu sehen, darunter seine mit Schreibmaschine hergestellten limitierten Hefte und in speziellen Kuverts verschickten visuellen Poesien. In der Zeit des Kalten Krieges beförderten sie den künstlerischen Gedankenaustausch zwischen Ost und West jenseits staatlicher Kontrolle. Auch konnte der lange gehegte Wunsch des Künstlers, sich in den öffentlichen Raum Wiens temporär einzuschreiben, umgesetzt werden: Eine eigens für die Ausstellung entstandene Bodenskulptur empfängt die BesucherInnen bereits im Gehsteigbereich vor dem Franz Josefs Kai 3. 

Die Arbeiten von Katinka Bock und Jiří Valoch sind in dieser Bandbreite erstmals in Österreich zu sehen. Demgegenüber hat sich der in Wien lebende Konzeptkünstler Bernhard Cella (*1969)in der Vergangenheit mit verschiedenen Projekten in das lokale Ausstellungsgeschehen eingeschrieben. Cella begreift das Buch als möglichen Raum für Reflexion und Produktion. Publikationen sind für ihn nicht nur Dokumentations- und Anschauungsmedium, sondern Werkstoff, den er im Rahmen skulptural-installativer Settings in veränderte Bedeutungszusammenhänge überführt und damit soziale Handlungsspielräume eröffnet.Für die Ausstellung entwickelte er in Bezugnahme auf die typografische Setzung des Ausstellungstitels „I – in/finito“ eine lineare Struktur, die an Zeilen eines Buches denken lässt und direkt mit den Arbeiten von Katinka Bock und JiříValoch korrespondiert.  

Katinka Bock
(*1976 in Frankfurt am Main) entwickelte in den letzten 20 Jahren eine skulpturale Praxis, die eng mit Fragen von Raum, Zeit und Material verbunden ist und sich zugleich auf prozessualen Traditionen der Kunst der 1960er Jahre bezieht.Die in den von ihr häufig verwendeten Materialien Ton, Holz, Stoff, Keramik oder Bronze eingeschriebene Geschichte ist ebenso Thema, wie deren mit der Zeit natürlicher oder durch den Einsatz von Elementen wie Wasser, Licht oder Feuer kalkulierter Veränderungsprozess. Zugleich greift sie Fragestellungen der Kontextkunst auf und erweitert diese zu skulpturalen Formen voller Sinnlichkeit. Bock studierte an der Kunsthochschule in Berlin und an der Ecole Nationale des Beaux-Arts in Lyon. Sie hatte unter anderem Einzelausstellungen in der Kestnergesellschaft Hannover (2020), der Lafayette Anticipation, Paris, dem Centre Pompidou, Paris, (2019), dem Kunst Museum Winterthur, MUDAM Luxemburg, IAC, Villeurbanne/Rhône-Alpes (2018), der Henry Art Gallery in Seattle, USA, im MAMCO in Genf (2014), in Culturgest, Lisbon, Portugal (2012), im Kunstmuseum Stuttgart (2010). Katinka Bock lebt in Paris.

Jiří Valoch (*1946, Brünn) ist Kunsthistoriker, Kurator, Künstler und Dichter. Von 1965 bis 1970 studierte Valoch tschechische und deutsche Literatur und Ästhetik an der Philosophischen Fakultät der Masaryk-Universität in Brünn. Ab 1963 entstehen konkrete aber auch nichtsemantische visuelle Poesien. 1967–1978 realisierte er fotografisch dokumentierte minimalistische Interventionen, Aktionen und Fototexte. Seit Mitte der 1960er Jahre ist er als Theoretiker und Kunstkritiker tätig, 1968 organisiert er eine der ersten Ausstellungen mit Computergrafik in Brünn, seither entstehen Künstlerbücher mit nichtverbalen geschnittenen, optischen und rhythmischen Arbeiten. Von 1968–1972 war er Mitglied des Klub konkretistů. Von 1972–2001 arbeitete er als Kurator am Haus der Kunst in Brünn und bereitete Ausstellungen tschechischer Künstler (V. Boštík, Milan Knížák, Vladimír Boudník, J. Kolář, B. Kolářová, A. Šimotová, L. Novák) vor, nach 1990 auch internationaler Künstler (R. P. Lahnse, G. Graser, R. Mieldsam, R. Barry). Jiří Valoch lebt in Brünn.

Bernhard Cella (*1969 in Salzburg) ist Künstler, Kurator und Verleger. In seinen Arbeiten setzt er sich wiederholt mit dem Thema des Publizierens und der Verhandlung von Kunst und Sprache im spezifischen Raum des Buches auseinander. Sein Langzeitprojekt „Salon für Kunstbuch“ – ein Unternehmen als Kunstwerk – ist beispielgebend für seine wissenschaftstheoretische und verlegerische Praxis, die performative Settings, Ausstellungen und Diskursformate verbindet und die Rahmenbedingungen untersucht, innerhalb derer Künstlerbücher konzipiert, produziert und distribuiert werden. Sein Archiv „Salon für Kunstbuch“ umfasst derzeit rund 20.000 Titel aus allen künstlerischen Disziplinen und ist in dieser Form einzigartig in Europa.
Er studierte an der Akademie der Bildenden Künste in Wien bei Erich Wonder und an der Hochschule für bildenden Künste in Hamburg bei Franz E. Walther. Seine Arbeiten waren zuletzt im Warehouse 421, Abu Dhabi, in der MMAG Foundation, Amman, im CIC Cairo (2020), im Beirut Art Center (2019), im Museum Santa Monica, Barcelona (2015), in der Casa Bosques, Guadalajara, der Kiesler Stiftung Wien im Hamburger Kunstverein (2014), im MAK, Wien (2013), Belvedere 21, Wien (2011) zu sehen.

KuratorInnen: Fiona Liewehr, Jana Písaříková & Ondřej Chrobák