Ausstellungen

Vadim Fishkin
The Island of the Day Before

24.11.2022—5.2.2023
Die Ausstellung The Island of the Day Before bietet erstmals in Österreich einen Überblick über das Werk des in Slowenien lebenden Künstlers Vadim Fishkin, dessen künstlerische Anfänge im Moskau der späten 1980er Jahre liegen. Fishkins spezifisches Interesse gilt den wissenschaftlichen und technologischen Avantgarden (Süd-)Osteuropas, der damit verbundenen Auseinandersetzung mit Begriffen wie Utopie, Kosmogenie und Aeronautik. Dabei fokussiert er auf das Allegorische und Poetische, das Spielerische und Humorvolle, das in den avantgardistischen Technologiefantasien abseits ihrer immer auch gesellschaftspolitischen Implikationen steckte.

Der Ausstellungstitel ist dem gleichnamigen Roman von Umberto Eco entlehnt. Der Autor ruft darin das Bild der Gleichzeitigkeit von Vergangenheit und Gegenwart auf, indem er einen Schiffbrüchigen westlich der Datumsgrenze, dem 180. Längengrad, auf „Die Insel des vorigen Tages“ blicken lässt. Fishkin interessiert sich für raum-zeitliche Widersprüche wie diese. Seine Skulpturen, (Sound-)Installationen und Licht-projektionen bleiben stets einem inneren Paradoxon verbunden, schaffen eine Verbindung zwischen technischer Machbarkeit, wissenschaftlicher Faktizität, individueller Erfahrung und Fantasie. Sie appellieren an die sinnliche Wahrnehmung physischer Gegebenheiten ebenso wie an deren metaphysische Eigenschaften, sind also gleichzeitig auf das Sichtbare wie Unsichtbare ausgerichtet.

Die in der Ausstellung gezeigten Werke stehen exemplarisch für die universalistischen und existenziellen Fragestellungen, die als Konstanten Vadim Fishkins Œuvre durchziehen – jene nach Vergänglichkeit und Verlust ebenso wie jene nach der menschlichen Sehnsucht, dem Unerklärlichen habhaft zu werden. Viele seiner künstlerischen Interventionen simulieren kosmische Vorgänge beziehungsweise naturwissenschaftliche Phänomene und versuchen individuell nicht beeinflussbare und teilweise außerhalb unserer gewohnten Anschauung liegende Vorgänge zu ergründen, sie messbar, darstellbar und schließlich beherrschbar zu machen. Andere Arbeiten beschäftigen sich mit dem Phänomen Zeit als gleichermaßen physische und demnach scheinbar objektivier- und beherrschbar gemachte Kategorie sowie mit Zeit als metaphysische Dimension im Sinne subjektiven Zeitempfindens.

The Island of the Day Before kann somit als Metapher für unsere Gegenwart gelesen werden, in der sich nicht zuletzt durch die globale Echtzeit-Kommunikation in digitalen Netzwerken unser Verhältnis zu Raum und Zeit signifikant verändert hat. Wenn das Individuum in einer scheinbaren Ort- und Zeitlosigkeit zunehmend auf sich selbst zurückgeworfen ist, bleibt entweder der Wunsch, das Vergangene dem Vergessen zu entreißen oder die Flucht in eine projektive Zukunft. Wie der Roman führt uns Vadim Fishkin in seiner Ausstellung entlang unterschiedlicher Raum- und Zeitachsen in eine Welt voller Illusionen, in der das Unmögliche möglich erscheint.Kuratorin: Fiona Liewehr
Medienresonanz (Auswahl):
Artforum